Seit 2021 arbeite ich nach konkreten Bildzitaten aus der Porträtmalerei der Renaissance und des Barock. Als Vorlagen dienen idealisierte Frauenporträts von Tizian ebenso wie ein Dreierporträt von Giovan Battista Moroni sowie dynastische Porträts von Diego Velázquez.
Der fortlaufende Werkzyklus wurde gefördert durch Coronahilfe-Stipendien des Senators für Kultur Bremen (2020/21) sowie des Kunstfonds Bonn (NEUSTART KULTUR 2022).
„Emese Kazárs weitgehendes Thema ist die menschliche Figur. Ihre Gemälde entwickeln sich aus einem dunklen Hintergrund und werden in abstrahierenden Flächen, in lasierender Malweise und in Reflektion über die Möglichkeiten der Malerei herausgearbeitet. Die eher zu erahnenden farbigen Setzungen ergeben bei genauerer Betrachtung plötzlich räumliche Eindrücke in den explizit flächigen Gemälden.
Auf inhaltlicher (hinsichtlich der Figuren) wie auf formaler Ebene stellen ihre Bilder eine Malerei der Andeutungen dar, in der sich malerische Setzungen und inhaltliche Assoziationen auseinander entwickeln, die so berechtigt wie nicht verifizierbar sind. Dies gilt für symbolische Interpretationen ebenso wie für kunsthistorische Vergleiche von der Barockmalerei bis zur Worpsweder Künstlerkolonie und von Courbet bis zu Rothko wie für die Personen, die Emese Kazár in Frontalansichten präsentiert. Teilweise rufen sie traditionelle Porträtmodi auf, führen diese jedoch durch die Auflösung von Physiognomien gleichzeitig ad absurdum.“
„Wie durch einen dunklen Rauch schiebt sich der leuchtend magentafarbene »Torso 2« in das Sichtfeld des Betrachters. Die Weiblichkeit des Körpers wird durch das pralle Volumen des Bauchs und der Brüste betont. Trotzdem bleibt die Frau selbst undefiniert, da ihren Körperkonturen jegliche Schärfe fehlt und dadurch vor allem ihr Gesicht unkenntlich ist. Ihr Körper wird durch seine Farbe, den Konstrast zwischen leuchtendem Fleisch und rauchigem Hintergrund, und nicht durch scharfe Linien und Umrisse modelliert. Die Wurzeln dieser Vorgehensweise reichen bis in die Zeit der Renaissance. Beispielsweise benutzte Leonardo da Vinci (1452-1519) diese Technik (auch genannt »Sfumato«, übersetzt »verschwommen«) um seiner »Mona Lisa« ihr weltberühmtes Lächeln zu schenken. Die Malerin Emese Kazár setzt Sfumato in ihren Bildern modern um und inszeniert den weiblichen Körper – ohne Lächeln, dafür aber mit einer präsenten Körperlichkeit.
Dass ihr Konzept sich auch ohne bedrohliche Dunkelheit und harte Kontraste umsetzen lässt, beweist der bonbon-farbige Körper des »Torso« von 2012. Obwohl der Bauch der Frau eher an einen glasierten Donut, als an eine weibliche Mitte erinnert, erkennt der Betrachter umgehend, dass es sich um den Torso eines auf dem Rücken liegenden Akts handelt.“
In Emese Kazárs Gemälden bewegen sich (weibliche?) Figuren wie Traumwesen in einem merkwürdig undefinierten Bildraum. In ihrer Körperlichkeit scheinen sie vom Untergrund aufgesogen zu werden oder gerade aus ihm herauszutreten. Sie wirken gefährdet, ohne äußere Feinde zu haben. In dem Fehlen persönlicher Attribute behaupten Kazárs Bilder damit eine übergeordnete Gültigkeit, die die Verletzlichkeit allen Seins konstatiert.